Immuntherapie bei bestimmten Arten von Krebserkrankungen des Rektums wirksam
Ich beginne mit den Krebserkrankungen des Verdauungstrakts, wo eine Sensation es bis in die Schlagzeilen von Presse und Fernsehen gebracht hat. Aktuell gibt es für lokal fortgeschrittene, nicht metastasierende Rektumkarzinome verschiedene Behandlungsoptionen: Meistens erfolgen vor der Operation zeitgleich eine Chemo- und Strahlentherapie. Nach der Operation wird die Chemotherapie weiter fortgesetzt. Diese Behandlung ist langwierig und schwer.
Auf dem ASCO-Kongress wurde eine vielbeachtete Studie vorgestellt, die anschließend im New England Journal of Medicine publiziert wurde. Bei den Teilnehmenden handelte es sich um Patienten mit lokal fortgeschrittenem Rektumkarzinom, bei denen außerdem eine Mikrosatelliteninstabilität (MSI) vorlag, d. h. einem DNA-Reparatur-Defekt in den Tumorzellen, der nur bei weniger als 10 % der Patienten mit Rektumkarzinom auftritt. Daher richtete die Studie sich nur an eine sehr kleine Anzahl von Patienten.
In dieser Studie wurden die Patientinnen mit MSI ausschließlich mit einer Immuntherapie behandelt, an die sich je nach Grad des Ansprechens eine kombinierte Strahlen- und Chemotherapie und Operation anschlossen. Es handelte sich um eine sehr kleine Studie mit nur 16 Patienten. Bei zwölf Patienten, bei denen die Immuntherapie bereits abgeschlossen war, wurde eine vollständige Remission erreicht, d.h., ihr Krebs ließ sich nicht mehr nachweisen, und sie benötigten weder eine Strahlentherapie noch eine Operation.
Die Ergebnisse dieser Studie sind sehr ermutigend und für uns vor allem Anlass, alle Patientinnen und Patienten mit Rektumkarzinom auf eine Mikrosatelliteninstabilität zu untersuchen.
Neues Kombinationspräparat verändert die Behandlung von metastasierendem Brustkrebs
In der Brustkrebstherapie setzen wir bereits seit einigen Jahren zielgerichtete Therapien gegen den Rezeptor Her2neu ein, wenn dieser stark exprimiert wird. Die medikamentöse Therapie heißt Trastuzumab und wird mit einer Chemotherapie kombiniert.
Trastuzumab-Deruxtecan gehört zu den neuen Therapien; für die Therapie werden ein Antikörper und ein Chemotherapeutikum in einem einzigen Medikament kombiniert. Dieses Medikament hat sich bei metastasierenden Mammakarzinomen mit starker Her2neu-Expression als sehr wirksam erwiesen. Die Wirksamkeit ist höher als bei den früheren Medikamenten.
Bei der auf dem ASCO-Kongress 2022 vorgestellten Studie ging es um dieses Medikament, allerdings wurde es an Patientinnen mit geringer Her2neu-Expression erprobt, damit es in Zukunft möglicherweise für eine größere Anzahl von Patientinnen angewendet werden kann.
Antikörper-Wirkstoff-Konjugate (AWK) stellen einen neuen Therapieansatz in der Krebsbehandlung dar, bei dem ein Chemotherapeutikum mit einem Antikörper kombiniert wird. Die Chemotherapie wird erst dann in den Zellen freigesetzt, wenn diese den Antikörper erkennen. Durch die gezielte Freisetzung der Chemotherapie ist die Wirksamkeit dieser Behandlungen höher.
Bei der Studie DESTINY 4 wurde die Wirksamkeit von Trastuzumab-Deruxtecan bei Patientinnen mit metastasierendem Brustkrebs mit geringer Her2neu-Expression untersucht. Es handelte sich um schwer kranke Patientinnen mit Metastasen, die zuvor bereits ein oder zwei Chemotherapien erhalten hatten; als Vergleichsbehandlung diente eine Standard-Chemotherapie. Patientinnen, bei denen bereits Hirnmetastasen vorlagen, waren für die Studie zugelassen. Die Ergebnisse waren sehr eindrucksvoll, das Überleben konnte um einige Monate verlängert werden.
Diese Studie wird Einfluss auf unsere therapeutische Praxis haben und wir werden diese wirksame Therapie bei vielen Patientinnen anwenden, die einen Brustkrebs mit geringer Her2neu-Expression haben.
Bei der Studie TROPICS-02 wurde der Einsatz von Sacituzumab Govitecan bei Hormonrezeptor-positiven, Her2neu-negativen Brusttumoren untersucht. Sacituzumab Govitecan ist ein weiteres Antikörper-Wirkstoff-Konjugat (AWK), das in einer 2021 im New England Journal of Medicine veröffentlichten Studie sehr gute Ergebnisse mit einem verbesserten Überleben bei triple-negativem Brustkrebs zeigte. Bei der auf dem ASCO-Kongress präsentierten Studie handelte sich bei den Teilnehmenden um vielfach therapierte Patientinnen, die resistent gegen verschiedene Hormontherapien waren und bereits mehrere Chemotherapielinien erhalten hatten. Die Ergebnisse sind noch vorläufig und es liegen noch keine Ergebnisse über das Überleben vor, doch die Ansprechraten sind sehr ermutigend.
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