„Mit dem Projekt 1cFlex wollen wir die Grenzen der Forschung zum Krebsstoffwechsel neu definieren. Wir hoffen, auf neues Terrain vorzudringen und unser Wissen um die fundamentalen Mechanismen der Krankheit zu erweitern, um auf dieser Basis zum Wohle der Patientinnen und Patienten verbesserte Strategien für die klinische Intervention zu entwickeln.“
Johannes Meiser (PhD)
„Es geht außerdem nicht nur darum, Antworten auf Fragen zu finden, die sich aktuell in Klinik und Forschung stellen, sondern außerdem auch ein hohes Maß an wissenschaftlicher Integration zu erreichen, um letztlich die biomedizinische Forschung insgesamt zu beschleunigen.“
Elisabeth Letellier (PhD)
Metastasierender Krebs: eine klinische Herausforderung
Dank der Fortschritte in der Krebsforschung verfügt man heute über eine ganze Reihe von systemischen und zielgerichteten Therapien, die die Remissionsraten bei vielen Krebsarten erheblich gesteigert haben. Man vermutet aber, dass Krebstherapien, die auf die Proliferationsfähigkeit der Tumorzellen -also ihre Fähigkeit, sich zu vermehren- abzielen, solche Zellen nicht erreichen, die über spezifische Eigenschaften verfügen, die es ihnen ermöglichen, sich vom Primärtumor abzulösen und Metastasen zu bilden. Die zellulären Mechanismen, die zur Metastasierung führen, sind ungeachtet erheblicher Fortschritte bis dato noch nicht vollständig erforscht.
Weiterhin fehlt es bisher an Behandlungsstrategien, mit denen man gezielt jene Zellen erreichen kann, die sich weit entfernt vom Ursprungsort des Krebses angesiedelt haben, oder die die Ausbreitung dieser Zellen verhindern könnten. Mit der Entstehung von Metastasen verringert sich die Überlebensrate von Patientinnen und Patienten mit einer fortgeschrittenen Krebserkrankung erheblich. Darum ist es dringend notwendig, Therapien zu entwickeln, die ganz gezielt auf die metastasierenden Krebszellen wirken.
Der Stoffwechsel der Tumorzellen als therapeutischer Ansatzpunkt – ein möglicher Durchbruch in der Krebstherapie
Zunächst versuchte das Forschungsteam, ein Gen zu identifizieren, welches die Metastasierung eines Tumors bedingen könnte. Ein solcher Faktor konnte jedoch nicht gefunden werden. Daraufhin stellten sie die Hypothese auf, dass vielmehr radikale Veränderungen etwa auf der Ebene des Stoffwechsels eine wichtige Bedeutung für die Ausbreitung der Tumorzellen spielen. Inzwischen geht man davon aus, dass Veränderungen im Stoffwechsel der Tumorzellen nicht nur Einfluss darauf haben, wie sie Nährstoffe verwerten, sondern auch auf Prozesse wie die Metastasierung von Krebszellen.
Die Bildung von Metastasen ist ein sehr ineffizienter Prozess, den nur wenige Zellen überleben. Und noch weniger Zellen sind in der Lage, sich in einem anderen Organ anzusiedeln, in dem ein im Vergleich zum Primärtumor verändertes Nährstoff- und Sauerstoffangebot herrscht. Zur Verbesserung ihrer Erfolgschancen sind bestimmte Tumorzellen in der Lage, ihren Stoffwechsel an veränderte Bedingungen anzupassen, etwa durch eine modifizierte Verstoffwechslung der zur Verfügung stehenden Kohlenstoffquellen, sodass die Produktion von Bioenergie auch bei Fehlen von Glukosequellen gesteigert werden kann. Diese Möglichkeit der Umprogrammierung des Stoffwechsels bezeichnet man als „metabolische Flexibilität“. Die Aminosäure Serin ist für den Zellstoffwechsel ein enorm wichtiger Baustein um diese Flexibilität zu ermöglichen.
Die Fondation Cancer förderte das Projekt 1cFlex gemeinsam mit dem Fonds National de la Recherche mit einer Summe von 794.000 €.
Erforschung von Stoffen, die das Überleben der Tumorzellen sichern
„Serin ist eine ungemein vielseitige Aminosäure, die je nach Bedarf ganz unterschiedliche Funktionen erfüllen kann“, so Dr. Elisabeth Letellier, co-verantwortliche Leiterin des 1cFlex-Projekts und Gruppenleiterin am Department of Life Sciences and Medicine der Universität Luxemburg.
„Wenn eine Zelle sich häufig und schnell teilen muss, kann sie Serin als Baustein für die Produktion weiterer Zellen verwenden; umgekehrt kann eine Zelle bei Nährstoffknappheit Serin in Zellnahrung umwandeln; kommt es bei der Verstoffwechslung von Sauerstoff zu einem Ungleichgewicht, kann dieses außerdem mithilfe von Serin wieder ausgeglichen werden.“
Im Rahmen früherer Forschungsarbeiten des Department of Cancer Research des LIH konnte gezeigt werden, dass der Serinstoffwechsel eine wichtige Rolle für das Wachstum und Fortschreiten von Brustkrebs spielt, insbesondere bei der Bildung von Metastasen. Aufgrund der Wandelbarkeit des Serinstoffwechsels können Tumorzellen, die sich aus ihrem Zellverband lösen, auch unter schwierigen Bedingungen überleben und sich absiedeln.
Laut Dr. Johannes Meiser, Leiter des Projekts 1cFlex und der Gruppe Cancer Metabolism am Luxembourg Institute of Health (LIH), begünstigt der Serin-Katabolismus die Ablösung von Tumorzellen aus ihrem Zellverband und die Entstehung von Metastasen. Diese Tatsache stellt möglicherweise die „Achillesferse“ der Chemotherapieresistenz von Metastasen dar.
Im Rahmen des Projekts 1cFlex wollen Meiser und Letellier herausfinden, wie der Serinstoffwechsel die Verbreitung und Absiedelung von Brustkrebszellen begünstigt. Zunächst geht es darum zu verstehen, wie die konkreten Funktionen des Serinstoffwechsels das Tumorwachstum begünstigen, dann soll geklärt werden, welche Auswirkungen ein Eingriff in den Serinstoffwechsel hat. Das Forschungsvorhaben zielt darauf ab, durch die detaillierte Analyse des Serinstoffwechsels anhand von genetischen und chemischen Interventionen sowie in-vitro-Verfahren (an den Zellen) und in-vivo-Experimenten (an lebenden Organismen) zu einem umfassenden Verständnis seiner Bedeutung zu gelangen.
Schon gewusst?
- Als Metastasierung bezeichnet man die räumlich vom Primärtumor getrennte Absiedelung von Krebszellen.
- Während das Fünf-Jahres-Überleben bei einer lokal begrenzten Erkrankung für die meisten Krebsarten bei über 80 % liegt, beträgt das Fünf-Jahres-Überleben bei einem metastasierten Krebs im Allgemeinen weniger als 30 %.
- Eine metastasierende Krankheit ist die häufigste Todesursache bei Krebspatient/innen.
- Viele Medikamente in der Krebstherapie setzen bei der Proliferationsfähigkeit von Tumorzellen an. Auch durch zufällige Veränderungen im Zellstoffwechsel können sich Eigenschaften ergeben, die die Ablösung der Zellen vom Primärtumor und die Entstehung von Metastasen begünstigen.
Multidisziplinäres Projekt mit transversalem Ansatz – zum Nutzen der Patientinnen und Patienten
Das Ansetzen am mitochondrialen Serinkatabolismus könnte sich als erfolgversprechende Strategie zur Verringerung der Metastasenbildung erweisen. Im Rahmen des Projekts 1cFlex wird das Forschungsteam die Rolle des Serinkatabolismus für die Ausbreitung von Brustkrebs vollständig erforschen. Mit dem Projekt konsolidiert sich außerdem die fruchtbare Zusammenarbeit mit dem Labor von Dr. Letellier, die ihr Know-how zu Invasion und Metastasierung von Krebszellen und insbesondere ihre Kompetenz im Bereich der Krebsmodelle einbringt.
Ihre Ergebnisse werden neue Ansatzpunkte für die Entwicklung wirkungsvollerer Interventionsstrategien liefern. Es besteht bereits eine Partnerschaft mit zwei bedeutenden Akteuren der Pharmabranche (1CTx und Boehringer Ingelheim) für die Entwicklung neuer, geeigneter Serininhibitoren, wobei das anvisierte Ziel die Überführung des Wirkstoffs in die klinische Phase ist.
Ihre Ergebnisse werden neue Ansatzpunkte für die Entwicklung wirkungsvollerer Interventionsstrategien liefern. Es besteht bereits eine Partnerschaft mit zwei bedeutenden Akteuren der Pharmabranche (1CTx und Boehringer Ingelheim) für die Entwicklung neuer, geeigneter Serininhibitoren, wobei das anvisierte Ziel die Überführung des Wirkstoffs in die klinische Phase ist.
Johannes Meiser (PhD)
Johannes Meiser leitet die Forschungsgruppe Cancer Metabolism im Department of Cancer Research des Luxembourg Institute of Health. Seine Forschungsvorhaben konzentrieren sich gleichzeitig auf das Wachstum sowie den erhöhten Stoffwechselbedarf von Krebszellen um die grundlegenden Stoffwechselprozesse zu entschlüsseln, die Voraussetzung für den Prozess der Metastasierung sind.
Elisabeth Letellier (PhD)
Elisabeth Letellier leitet die Gruppe Molecular Disease Mechanisms des Department of Life Sciences and Medicine der Universität Luxemburg. Sie forscht daran, wie Stoffwechselveränderungen in den Tumorzellen zu einer Resistenz gegen die verschiedenen Krebsbehandlungen und damit zu einem Fortschreiten der Erkrankung führen können.
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